Verleihung des Kleinkunstpreises Kaarster Stern 2023
von Birgit Hannemann
Der Kaarster Stern ging an Tan Çağlar
Einmal mehr fand im Tuppenhof am Samstagabend ein kulturelles Ereignis statt, das mit der Verleihung des Kleinkunstpreises Kaarster Stern 2023 weit über die Stadtgrenzen hinaus Beachtung findet. Als Gewinner wurde Tan Çağlar ausgezeichnet, der sympathische Comedian, der sich im vergangenen Jahr in die Herzen der Zuschauer gespielt hatte, das Publikum war die Jury. Die Preisverleihung ist eingebettet in die Kaarster Stern Mixshow, eine Veranstaltung der Stadt Kaarst in Zusammenarbeit mit dem Verein F3k e.V. Der Förderverein unter Vorsitz von Jochen Marzinkowski hat sich besonders die Nachwuchsförderung von Künstlerinnen und Künstlern auf die Fahnen geschrieben, der künstlerische Nachwuchs hat stets Priorität.
Als Moderatorin führte Kristina Kruttke durch das Programm, die sich als „Dompteuse“ bezeichnete, die Künstler als die „drei Perlen des Abends“ vorstellte und die Spielregeln noch einmal erklärte. Der Gewinner aus den 2022er-Shows Tan Çağlar stand natürlich nicht noch einmal zur Wahl, das Publikum konnte seine Wahlkarten nach der Vorstellung für Michael Feindler und Pam Pengco in die Wahlboxen werfen und so seine Wertung abgeben.
Die erste Hälfte der Veranstaltung war geprägt vom Auftritt der drei Künstler und die Show begann mit Pam Pengco, der Drag Queen des Abends. Seit einem TV-Auftritt beim Supertalent 2020 zählt Pam Pengco zu den größten Newcomer Comedy Acts und als Drag Queen ist sie eine der ersten Stand-up Queens in Deutschland. Lustig plaudert die kölsche Diva mit schriller Perücke und noch schrilleren Nägeln, räumt mit Vorurteilen auf und erzählt, wie gerne sie in diese Rolle schlüpft und gerne „Unruhe“ in die Gesellschaft bringt. Zum Beispiel einfach seinen Chef oder den Friseur mal fragen, was sie denn beruflich machen. Oder als Brautstrauß mal einen Kaktus werfen. Oder – wenn man mit dem Einpacken an der Supermarktkasse nicht nachkommt – das unaufhaltsame Einscannen blockieren, in dem man das Preislabel des gekauften Bananenbündels einfach in die Krümmung klebt. Die Kassiererin braucht ewig, um den Scanner richtig zu platzieren. Drag Queen Pam – dressed like a girl – hat seinen Eltern schon vor Jahren mitgeteilt, dass er schwul ist. Von seiner Identität als Drag Queen erfuhren sie aber erst durch die TV-Sendung DSDS, haben aber super reagiert. Besonders seine Mutter, er bekam nach der Sendung eine sehr schöne Nachricht von ihr und so fühle er sich mit seiner Familie sehr gesegnet.
Mit Michael Feindler kam jemand auf die Bühne, der mit politischen Texten im Versmaß das Publikum in seinen Bann zog. Als Lyriker unter den Kabarettisten hält er an der Behauptung fest, man dürfe dem Publikum ruhig etwas mehr zutrauen. Warum also Reime und Gedichte? Weil man unschöne Dinge so auch mal schön verpacken kann, denn nicht alles im Leben ist schön. Sprachs und brachte als Beispiel das Gedicht vom Schäfchen und dem Löwen, wo am Ende das Schäfchen gefressen wird. Von demokratischen Krisen über unwissenschaftliche Studien und feministische Glaubenssätze, Frauen, die sich in Arschlöcher verlieben und Ehrlichkeit in menschlichen Beziehungen, über Flüchtlingsheime und Fake News grast er viele Themen ab und inspiriert das Publikum und bindet es zum Schluss sogar als faustballende Revolutionäre in seinem Gesang zur Gitarre ein. Eine tolle Vorstellung, feinsinnige Texte und beste Satire.
Und dann kommt der Preisträger im Rollstuhl auf die Bühne gerollt, bezeichnet Kaarst als die geilste Stadt, in der er auftritt, weil er hier immer besonders nett, zuvorkommend und individuell behandelt wird. Eine kleine Hommage an Dieter Güsgen und Elmar Spinnen, der aus Krankheitsgründen leider nicht anwesend war – beide haben es sich schwer verdient. Tan Çağlar erzählt, dass eigentlich das Leben sein Comedy-Programm schreibt und berichtet einige Anekdoten aus der Rollstuhlfahrerszene, z.B. persönliche Erlebnisse mit der Deutschen Bundesbahn, bei der man seine Fahrten anmelden muss und über komische Fragen wie „Hast du ein Schloss für deinen Rollstuhl? Darfst du betrunken Rollstuhl fahren? Hast Du schon mal versucht zu laufen? Tan Çağlar ist auch durch die ARD-Serie „In aller Freundschaft“ bekannt, hat auch schon in mehreren Tatort-Sendungen mitgespielt, sagt aber, dass ihn die Comedy nicht loslässt. Welch ein Glück!
Der stellvertretende Leiter des Kulturausschusses, Göran Wessendorf hatte dann die schöne Aufgabe, den sympathischen Comedian zu ehren und ihm den Kleinkunstpreis zu überreichen. Lachend wies es darauf hin, dass es sich beim Kaarster Stern um einen „Kurzwanderpokal“ handelt, man darf ihn in den Händen halten, aber man darf ihn nicht mit nach Hause nehmen. Das darf Tan aber mit der dazugehörenden Urkunde, mit der Medaille und mit 1.000 Euro Preisgeld, das durch Christoph Pols von der Sparkasse Neuss als Sponsor symbolisch überreicht wurde. Das Geld wird später überwiesen. Die Sparkasse Neuss ist seit Beginn des Projekts der Sponsor. Ohne ihre finanzielle Unterstützung könnte der Verein F3k e.V. diesen Kleinkunstpreis nicht durchführen. Neben der Sparkasse Neuss haben sich erfreulicherweise jetzt auch der Kaarster Optiker Schwartz sowie der Caterer PS-Event zur Unterstützung bereit erklärt.
Jochen Marzinkowski und Dieter Güsgen schlossen sich den Glückwünschen an und der Kulturamtsleiter betonte noch einmal, wie wichtig Kultur für uns sei: Sie ist das, was eine Stadt prägt und sie sollte auch was kosten dürfen. Der Kaarster Stern sei als Förderpress gedacht, für noch nicht so bekannte Leute und manche hätten schon Karriere gemacht. Jochen Marzinkowski erinnerte noch einmal an das F3k-Projekt „Schüler treffen Künstler“, ein ganz wichtiges Projekt mit Schülerinnen und Schülern vom AEF und GBG, um Veranstaltungen des Kaarster Kabarett- und Kleinkunstprogramms in deren Schulleben einzuflechten. Kultur solle so den jungen Leuten nahe gebracht werden und er stelle fest, dass sich die Schüler selbst nach langer Zeit noch mit den Künstlern identifizieren.
Nach der Pause hatten die drei sehr unterschiedlichen und facettenreichen Künstler unter Moderation der quirligen Kristina Kruttke ihren jeweils zweiten Auftritt, der vom Publikum mit lang anhaltendem Applaus belohnt wurde. Viel Beifall für einen bunten Abend voller Gegensätze, zu dem die Scheune des Tuppenhofes mit ihrem besonderen Flair sicherlich auch beigetragen hat (bh).-