Sorgen um die Zukunft der Kultur
von Neuß-Grevenbroicher Zeitung
VON STEPHAN SEEGER
KAARST | In der Kulturszene rumort es schon länger. Die Kulturschaffenden fürchten den drohenden Rotstift der Stadtverwaltung. Deshalb hat Dagmar Treger (CDU), Vorsitzende des Kulturausschusses, Ende Juni 24 Kulturschaffende und Lokalpolitiker zu einem runden Tisch eingeladen. Dort wurde über den Ist-Zustand und die Zukunft des Angebots diskutiert. Es sei ein „interessantes“ Gespräch gewesen, wie Treger gegenüber unserer Redaktion erklärt. Am 10. März dieses Jahres beauftragte der Kulturausschuss die Verwaltung damit, das Kabarett-Programm 2022 zu evaluieren, um spätestens vor der Einbringung des Programms 2024 eine Grundlage für die Betrachtung der Personal- und Sachkosten zu schaffen. Im kommenden Wirtschaftsausschuss wird die Kämmerei demnach die Kosten auf den Tisch legen. Die große Preisfrage: Kann sich Kaarst Kabarett in Zeiten der Haushaltskonsolidierung noch leisten?
Dagmar Treger befürchtet, dass der Kulturbereich aus wirtschaftlichen Gründen ausgegliedert werden soll. „Der Kulturhaushalt macht nur einen geringen Teil des Gesamthaushaltes aus. Es ist lächerlich, diesen Bereich ausgliedern zu wollen, um Einsparungen zu generieren“, sagt sie. Bei einer Ausgliederung hätte die Politik wenig bis keinen Einfluss mehr und alles würde nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden. Der Kulturausschuss wäre nur noch ein Beirat und in dieser Funktion beratend, nicht mehr entscheidend tätig. Treger weiß, dass es Veränderungen geben wird: „Aber alles kaputt zu machen, ist nicht der richtige Weg.“
Bürgermeisterin und Kulturdezernentin Ursula Baum erklärt, dass die Politik über die Zukunft des Kulturangebots entscheiden müsse. „Kultur darf und muss Geld kosten. Die Frage ist nur, wie viel. Es geht nur um Zahlen, Daten, Fakten“, erklärt sie und spricht damit vor allem das Kabarett-Programm an, über das die Politik diskutieren müsse. Zudem bestätigt Baum, dass die Verwaltung Zahlen vorlegen wird. „Was die Politik daraus macht, ist nicht meine Entscheidung. Für mich gehört Kultur zu Kaarst, aber auch ich kann rechnen“, so Baum. Die Politik müsse sich dazu äußern, „was ihr Kultur wert ist“.
Aus Sicht von Bündnis90/Die Grünen müsse Kultur gerade während dieser schwierigen Zeiten sichtbar sein. „Es ist zu befürchten, dass die Verwaltungsspitze die anstehenden personellen Veränderungen im Kulturbereich nutzt, um das erfolgreiche Kabarett-Programm zu kürzen und den Bereich Stadtmarketing dem Kulturbereich zu entziehen“, erklärt der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Maarten Gassmann auf Anfrage. Derzeit existieren allerdings keine Konzepte, wie eine Ausgliederung den Künstlern helfen könne. Trotz notwendiger Konsolidierung soll laut Gassmann ein tragfähiger Rahmen geschaffen werden, in dem die Künstler aktiv und sichtbar bleiben können.
Von einer Ausgliederung hat Dirk Salewski (FDP) noch nichts gehört. „Man sollte hier nicht von Verzicht auf Kultur sprechen“, sagt er: „Wir müssen uns angesichts knapper Kassen fragen, wie der Bereich Kultur zukunftsfest aufgestellt werden kann. Eine kostendeckend arbeitende Gesellschaft kann ein Weg sein, dieses Ziel zu erreichen.“ Für die SPD habe die Kultur in der Stadt eine gesellschaftliche Bedeutung. „Wir sind aber auch offen für neue Konzepte und Organisationsformen, wenn diese sorgfältig professionell vorbereitet und von den Akteuren in der Kaarster Kulturszene mitgetragen werden. Das geht aber nicht von heute auf morgen, sondern benötigt Zeit und professionelle Begleitung“, sagt Hildegard Kuhlmeier auf Anfrage. Bei der derzeitigen Haushaltslage müsse gespart werden. „Aber auf Kultur können wir nicht verzichten“, so Kuhlmeier.
Info
Programm 2023 soll gekürzt werden
Pandemie Die Kulturbranche hat durch die Corona-Pandemie schwer gelitten. Insbesondere das Kabarett- und Kleinkunstprogramm war betroffen. Die geplanten Vorstellungen im Jahr 2023 sollen deutlich reduziert werden.
Runder Tisch
Dagmar Treger hat einen weiteren Runden Tisch angekündigt, sobald der Haushalt fest steht und bekannt ist, auf was die Stadt verzichten will.