Kulturfreitag der VHS Kaarst-Korschenbroich

von

Mit spanischen Künstlerinnen durch die Jahrhunderte

Sind Ihnen die Namen der Marquesa de Villafranca, Ende Pintrix, Teresa Diez, Ana Meléndez, Luisa Ignacia Roldán - um nur einige zu nennen - bekannt? Wenn nicht, ist das nicht Ihr Versäumnis. Diese Frauen waren anerkannte Künstlerinnen in ihrer Epoche, sind aber in der Kunstgeschichte nicht zu finden und werden allenfalls am Rande erwähnt.
Zum wiederholten Male gestaltete die VHS Kaarst-Korschenbroich einen Kulturfreitag mit Professor Dr. Helmut C. Jacobs, einem Romanisten, der nicht nur profunde Kenntnisse der spanischen Kunst- und Kulturgeschichte vorweisen kann. Auch als Musiker mit vielen veröffentlichten CDs zieht er das Publikum mit dem Akkordeon in seinen Bann. Er startete seinen Vortrag mit einer Komposition von Hermann Schittenhelm und dem passenden Titel „Mein Akkordeon spricht Spanisch“. Der Zauber dieses Anfangs versprühte einen gewissen Charme. „Leider findet man über spanische Malerinnen oder auch andere Künstlerinnen früherer Jahrhunderte kaum etwas“, beklagte er den Zustand der Geschichtsschreibung, „denn sie werden totgeschwiegen“. Von ihren Vätern oder Ehemännern kleingehalten, auf ihre damalige Rolle als Hausfrau und zum Kinderkriegen eingeschränkt, ohne Rechte und von öffentlichen Angelegenheiten ausgeschlossen, konnten sie ihre Talente nicht entwickeln oder waren auf die Gunst und das Wohlwollen von Männern angewiesen, wenn sie sich im stillen Kämmerlein als Künstlerin betätigten. Manchmal konnten ihre Werke auch nicht eindeutig zugeordnet werden, denn Frauen durften seinerzeit keine Verträge unterzeichnen. Keine guten Voraussetzungen für weibliche Kunst in Spanien.
Aber es gab Ausnahmen. Meist bei Frauen aus der Oberschicht. Zum Beispiel Luisa Ignacia Roldán (1652-1706), deren Vater ein spanischer Barock-Bildhauer war. Sie lernte in der väterlichen Werkstatt, setzte sich mit der Heirat eines Skulpturenbemalers durch und hat sich später künstlerisch vom Vater emanzipiert. Mit 7 Kindern zog die junge Familie nach Madrid, hier wurde Luisa Roldán vor allem durch ihre kleinen polychromierten und vergoldeten Skulpturengruppen aus gebranntem Ton berühmt. Im 17. Jahrhundert standen religiöse Werke im Mittelpunkt, Auftraggeber waren daher meist der Adel oder die Kirche und in Madrid gehörten Carlos II., der letzte Habsburger und sein Nachfolger Filip V., der erste Bourbone, bald zu ihren Auftraggebern. Durch die beiden wurde sie schließlich sogar zur Hofbildhauerin ernannt und ging als „La Roldana“ in die Geschichte ein. Heute gilt sie als eine der bedeutendsten Bildhauerinnen Spaniens.
Einer Epoche der Kunst, in der es nur ganz wenigen Künstlerinnen gelang, ihren Namen für die Geschichte zu hinterlassen, entstammte Ende Pintrix (950-1000). Ende war Nonne, Autorin und Buchmalerin von ca. 1.500 Miniaturen, die den Codex Beatus Gerona schmücken und heute in der Kathedrale von Girona aufbewahrt sind. An dieser Künstlerin zeigt sich, dass es auch im Hochmittelalter Frauen gab, die ihre künstlerische Ambitionen vewirklichten. - Im 14. Jh. lebte Teresa Diez. Sie schuf immense Wandbilder mit Szenen aus dem religiösen Christentum, konzipiert um die Mauern des Klarissenklosters von Toro (Zamora). Sie dekorierte Wände und verbreitete so Formen und Farben mit Szenen aus dem Evangelium und dem Leben vom Frauen der ersten Jahrhunderte des Christentums. Um eine Spur zu hinterlassen signierte Teresa mit einem geistreichen Gedankensplitter „TERESA DIEÇ DEUS FECIT“, der ihre Autorenschaft bezeugt.
Viele Bilder von Kunstwerken der verschiedenen Epochen, deren Darstellung diesen Artikel sprengen würde, wurden immer wieder untermalt durch das Akkordeon-Spiel von Professor Jaobs. Und in der Pause wurden sogar Tapas und spanischer Rotwein angeboten. – Abschließend sei noch auf eine interessante Gruppe aus der Neuzeit hingewiesen, die sich „Las Sinsombrero“ nennt. Das sind „die Damen ohne Hut“, der weibliche Teil der Generación del 27. Frauen schon berühmter Männer, die sich auch als Künstlerinnen betätigten und sich als Teil der Avantgarde-Bewegung empfanden. Der Name kommt daher, dass Maruja Mallo, Federico García Lorca, Salvador Dalí und Margarita Manso eines Tages beschlossen, entgegen der gesellschaftlichen Norm, ohne Hut über die Plaza Puerta del Sol in Madrid zu spazieren – was in den 1920er Jahren einer Rebellion gleichkam und als Akt der Emanzipation verstanden werden kann. – Als berühmteste Malerin der jetzigen Zeit bezeichnete Professor Jacobs die katalanische Malerin Lita Cabellut (geboren 1961), die einen erstaunlichen Lebensweg hinter sich hat und bereits in vielen Ländern, auch in Deutschland, in namhaften Museen ausgestellt hat.
Der Kulturfreitag der VHS ist eine ganz wunderbare Einrichtung und man kann den verantwortlichen Planern nur danken, dass sie immer wieder diese kulturelle Themenvielfalt im Kursprogramm zustande bringen. (bh)


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