Ganz viel Grau, aber so ganz ohne Grauen

von Birgit Hannemann

Von links: Sabine Eich, Robert Stefanski, Maria Höveler, Uli Fern, Wilhelm Schiefer, Thomas Weiers und Gerlind Engelskirchen. Petra Groh und Hanna Effen fehlen auf dem Foto; Foto: Birgit Hannemann
Von links: Sabine Eich, Robert Stefanski, Maria Höveler, Uli Fern, Wilhelm Schiefer, Thomas Weiers und Gerlind Engelskirchen. Petra Groh und Hanna Effen fehlen auf dem Foto; Foto: Birgit Hannemann

In der Städtischen Galerie im Rathaus Büttgen wird am 12. Mai um 19 Uhr eine Ausstellung mit dem Titel „Das Geheimnis der Farbe Grau“ eröffnet. Acht der teilnehmenden Künstler und Künstlerinnen gehören der Gruppierung „Kaarster Künstler“ an, als Gastkünstlerin ist Hanna Effen mit dabei. Das Thema „Grau“ wurde aus dem Zeitgeist heraus geboren und greift u.a. Störungen in unserem Umfeld auf, das oft so laut und bunt und grell ist, so dass man dem einfach mal etwas Ruhiges und Unaufdringliches entgegensetzen möchte. Es geht um Themen, die Menschen erreichen und berühren. Als zehnte Person kam der Fotograf Klaus Stevens ins Spiel, der eingeladen wurde, eines seiner Fotos einzureichen und dazu einen sehr farbigen Eisvogel auswählte. Drei der sich beteiligenden Fotografen bearbeiteten themenaffin sein Foto und überführten den Eisvogel ins Unbunte. Das Ergebnis wird als „schwebendes Objekt“ gezeigt. Musikalisch wird die Vernissage begleitet von leisen Blues- und Jazzkompositionen des Musikers Peter Kandel. Vor der Vernissage führte das KulturForum Kaarst ein Interview mit den ausstellenden Künstlern, das sie im Folgenden lesen können.

 

Sabine Eich:

Was hat Euch am Titel der Ausstellung GRAU gereizt, was steckt für Dich hinter dieser Idee? Kannst Du Deine Arbeit erklären?

„Sofort war mir klar, dass die Umsetzung des Projektes GRAU für mich nicht die Mischung von Schwarz und Weiß sein würde. GRAU ist viel mehr: GRAU ist bunt.
Die Mischung der Komplementärkontraste ROT - GRÜN oder BLAU - ORANGE oder GELB - VIOLETT ergibt jeweils die Farbe GRAU. Bei GRAU sind alle Farben im Spiel. Trotzdem steht GRAU nie im Vordergrund, es nimmt oder verstärkt Energie von Farbe, es macht andere Farben bunt. Ein GRAUSCHLEIER  ist die von mir gewählte Form, die Wirkung von GRAU an einem vorhandenen Farbspektrum, meiner abstrakten Malerei, zu demonstrieren. GRAU macht Farbe glaubhaft“.

 

Gerlind Engelskirchen:

Wie wirst Du als Fotografin das Thema GRAU umsetzen? Steckt in GRAU nicht eine Reduktion der immensen fotografischen Farbpalette oder ist es eine besondere Herausforderung? Mit welchem Foto bist Du dabei?

Zur Frage "Umsetzen": Das tue ich nicht, denn "grau" ist ja schon da, es fällt vielleicht nicht auf, da es zurückhaltend und unaufdringlich sein kann. Es tritt bescheiden, beruhigend oder ausgleichend auf, kann aber sicher auch mit Eleganz punkten. Grau in Grau ist nicht "graue Maus", es ist nur die Reduktion von Farbe. Durch die (teilweise) Abwesenheit von "Farbtönen" leben graue Fotos durch Licht, Schatten und deren Abstufungen und Reflexionen. Auch Materialien reflektieren unterschiedlich und machen das Grau in Grau höchst lebendig. In der Ausstellung werde ich mit 6-8 Fotos vertreten sein, ganz wie es bei der Hängung auskommt.

 

Uli Fern:

Die Bilder, die ich von Dir kenne, sind meist sehr farbintensiv. Betritts Du mit GRAU Neuland und verlässt Du ganz gerne mal angestammte Pfade? Womit wirst Du Dich beteiligen?

Grau ist die spannendste Farbe überhaupt für mich. Es war eine reizvolle Aufgabe, Rot, Gelb, Blau, Weiß und Schwarz auf der Palette zu gewichten und zu mischen. Die Frage nach dem Neuland möchte ich dahingehend beantworten, dass ich das erste Mal Schwarz in meinen Ölbildern verarbeitet habe. Als Thema habe ich Wolken und Wasser durch eine scharfe Horizontlinie getrennt gewählt. Drei Ölbilder auf Leinwand je 1m x 1m groß möchte ich gerne zur Ausstellung beitragen, mit den Titeln „Horizont I“ (hellgrau) , „Horizont II“ (mittelgrau) , „Horizont III“ (dunkelgrau).

 

Petra Groh:

Du bist ja immer sehr experimentell unterwegs. Bei Dir könnte ich mir am ehesten eine Umsetzung von „50 Shades of Grey“ vorstellen….oder welche Assoziationen hattest Du?

Mein erster Gedanke zum Thema war übrigens die Szene aus Ödipussi, als Loriot sein Musterbuch präsentiert „...Mausgrau, Steingrau oder auch ein fröhliches Aschgrau....“.  Ich werde in der Ausstellung 3 Objekte zeigen.

1. "Colours of the rainbow"
Ich habe ein Stoffmusterbuch aus dem Innenausstatter-Bereich komplett mit dem gleichen, grauen Stoff bestückt. Das Musterbuch ist etikettiert mit "Colours of the rainbow  - night edition".

2. "Under lock"
Ein A5-Notizbuch in grauem Leineneinband habe ich mit einem pinken Wachssiegel mit der Aufschrift SIEBEN verschlossen.

3. "Acrylic Square"
Objekt aus 7 grauen, 1cm dicken, lichtdurchlässigen Acrylplatten. Jeweils 15x15cm groß, aneinandergereiht mit jeweils 4 cm Abstand und verbunden mit einer Chromstange , die jede Platte mittig durchläuft.

Das sind meine Objekte und ich bin gespannt, wie sie bei den Besuchern ankommen.

 

Maria Höveler:

GRAU ist eine Farbe zwischen Schwarz und Weiß, eine Symbolfarbe der Dämmerung. GRAU wird am häufigsten mit Konformität, Langeweile, Alter verbunden. Nur 1% der Befragten, welche Farben sie präferieren, wählten GRAU zu ihrer Lieblingsfarbe. GRAU lässt sich aus verschiedenen Proportionen von Weiß und Schwarz mischen. Wie sieht deine Arbeit dazu aus?

Gelb, Rot und Blau sind Primärfarben aus denen sich alle weiteren Farbtöne mischen lassen. Fügt man diese Primärfarben zu gleichen Teilen zusammen, entsteht ein Dunkelton, der mit weiß vermischt GRAU ergibt. Je nachdem welche Primärfarbe nun stärker beigemischt wird, entstehen Grautöne unterschiedlichster Nuancen. Gelbgrau, grüngrau, rotgrau, blaugrau, orangegrau, lilagrau etc. Meine Arbeiten basieren auf diesen gemischten Farbtönen, sodass GRAU nicht konform und langweilig erscheint, sondern im Gegenteil lebendig, farbig und spannend. Beigemischte natürliche Pigmente, wie z.B. Kreide von Sarti (Steinkreide aus Italien) verstärken diesen Effekt.

 

Wilhelm Schiefer:

Wer GRAU sagt betritt die Sphäre der Nuance. Ein Exkurs auf Peter Sloterdijks Buch „Wer noch kein Grau gedacht hat“ bringt mich zu der Frage, wie Wilhelm Schiefer sich „GRAU“ gedacht hat und mit welchen Werken Du vertreten bist?

Ich dachte zuerst an die sogenannten Grisaillen, Malereien an mittelalterlichen Flügelaltären, wobei die für den Alltag bestimmte Deckseite der Flügel mit preiswerter Graufarbe bemalt wurde: in einer Zeit, wo Farben noch teuer und kostbar waren. Daraus könnte man Gedanken spinnen über die eigene -bescheidene - Einschätzung der eigenen Arbeit als nichts Besonderes, nur Alltägliches. Im Blick auf diese meine eigene Arbeit stellte ich meine Neigung zu Schwarz fest. Gehöre ich also nicht zum Kreis der Graumaler? Ich meine doch ,denn ich definiere "Schwarz" als das Extrem von "Grau". Das andere wäre "Weiß".
Die Grisaillemalerei spielt sich also ab zwischen diesen beiden Extremen, der "Schwarz-Weiß"- Malerei. Es ist also die Malerei der Zwischentöne - in der vielseitigen Bedeutung des Wortes. Grau ist auch eine sehr aktuelle Farbe, denn "grau"envoll sind die Kriege und Kriegsverbrechen im Sudan und in der Ukraine.

 

Robert Stefanski:

Im KulturForum Kaarst bist Du in der Rubrik der Fotografen mit einer Menge Fotos vertreten, zumeist sehr farbige, die einen Überblick über Deine fotografische Arbeit geben. Du bist aber auch mit Black & White vertreten. In der Fotografie bezeichnet man „Neutralgrau“ als einen Grauton, in dem alle Farben des Spektrums gleich enthalten sind und der ohne „Farbstich“ wahrgenommen wird. Wie hast Du das Thema umgesetzt, was zeigst Du?

"Ich habe die Farbpalette bewusst reduziert und somit Jedem die Möglichkeit gegeben, sich ein eigenes Farbbild vorzustellen. Bei den Bildern spielt nicht die Farbe die Hauptrolle, sie hätte von der Schönheitskönigin des Motivs abgelenkt, das Motiv überblendet. Mein Ziel war, die Gedanken in eine andere Bahn zu lenken, den Betrachter am Motiv festzuhalten um über die Schönheit anders nachzudenken. In der Fotografie ist das mit einfachen Mitteln möglich, denn schwarzweiße Natur gibt es nicht."

 

Thomas Weiers:

Auch Du bist im KulturForum Kaarst in der Rubrik der Fotografen vertreten und zeigst dort eine Foto Slide-Show über Deine Wildlife-Fotografie….in Farbe natürlich. Wie hast Du Dich dem Experiment GRAU genähert?

Der Mensch nimmt die Welt in Farbe auf. Umso größer ist der Reiz eines Fotografen, seinen Bilder durch eine Umsetzung als sogenannte „Schwarz-Weiß“-Fotografie etwas Besonderes mitzugeben. Das Projekt bietet dafür den Raum. Zum einen habe ich bei 2 Bildern aus Architektur-Bildern in verschiedenen Grautönen Collagen zusammen montiert. Der Betrachter sieht viele grau schattierte Gebäude, obwohl es nur eins ist. Zum anderen habe ich bei zwei weiteren Bildern durch Überlagerung von verschiedenen grau schattierten Formen den Fokus auf das Hauptmotiv verstärkt.

 

Hanna Effen:

Du hast gerade in Kaarst den Kunstraum „momentmal“ an der Neusser Straße 3 eröffnet. Junge Kunst und ganz und gar nichts Graues dabei, Deine Welt ist bunt. Zu dieser Ausstellung bist Du als Gastkünstlerin eingeladen. Farbe ist ein atmosphärischer Umweltfaktor, der uns müde und lustlos oder auch wach und aktiv machen kann. Worin liegt für Dich das Geheimnis der Farbe GRAU und wie sieht das Werk aus, mit dem Du Dich beteiligst?

Das Geheimnis der Farbe Grau: Sie ist viel facettenreicher als man denkt. Meine Welt ist größtenteils bunt, ja. Malen ist ein Prozess und ein Bild ist für mich das Ergebnis eines Gedankengangs. Im Kern ist es Empörung meist über gesellschaftliche Tatsachen, was mich inspiriert. Diesen eher düsteren Ausgangspunkt wollen meine Bilder aufschlüsseln, differenzieren, facettenreicher, bunter malen. Um nicht sinnbildlich schwarz zu malen, habe ich schwarz bis vor zwei Jahren gänzlich in meiner Palette gemieden. Irgendwann ist mir aber aufgefallen, dass ich mit dieser Dogmatik ja die Farbe Schwarz bzw. das Graue stigmatisiere und damit genau nicht meinen Grundsatz verfolge. In der Ausstellung werde ich mit zwei bis drei Bildern vertreten sein.

Das Interview führte Birgit Hannemann.