Abendexkursion durch den Vorster Wald

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Treffpunkt an den  Brücken über den Nordkanal; Foto: Birgit Hannemann
Treffpunkt an den Brücken über den Nordkanal; Foto: Birgit Hannemann
Ampelnistkasten von Till Hausmann; Foto: Birgit Hannemann
Ampelnistkasten von Till Hausmann; Foto: Birgit Hannemann

Wenn es Abend wird im Vorster Wald…

Exkursion zu den Kunstwerken

Ende Oktober traf sich eine Gruppe von rund 20 Kunstinteressierten zusammen mit Markus Albiez, dem Vorsitzenden vom Kunstverein Nordkanal e.V. zu einer Tour durch den Vorster Wald. Treffpunkt war an den „Brücken über den Nordkanal“, einer Großplastik von Wilhelm Schiefer, die seit 2008 an der Endstation der Regiobahn das Tor zum Vorster Wald bildet. An beiden Ufern stehen fünf 14 Meter hohe Holztürme, die mit Stegen und Leitern verbunden sind. Leitern an Pfählen, Leitern als Stützen, Leitern, die sich nach oben verjüngen, Leitern verkürzt und ohne Funktion. „Kunst muss keine praktische Funktion haben“ erklärte Albiez die Intention des Künstlers, dessen Thema „perspektivische Verkürzungen“ hier zum Tragen kommen. Die Türme stehen in Dialog mit dem Wald und können im übertragenden Sinne als Kommunikationsmodell verstanden werden, um z.B. unterschiedliche Standpunkte zusammenzuführen. Vielleicht stellen sie aber auch die fünf Ortsteile von Kaarst dar, das bleibt der Interpretation der Betrachter überlassen.
Kurz vor Sonnenuntergang ging es weiter zum „Ampelnistkasten“, einer Kunststele von Till Hausmann. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes „Ready-Made“, was so viel heißt, dass ein Alltagsgegenstand zu einem Kunstwerk umfunktioniert wird. Als „konzeptionelle Kunst“ wurde sie erstmals 1913 von Marcel Duchamps ins Leben gerufen, er stellte dabei den gängigen Kunstbegriff radikal infrage, was damals zu einem heftigen Kunstskandal geführt hat. Hier im Vorster Wald machte der Düsseldorfer Künstler Till Hausmann 2017 aus einer Ampel einen Ampelnistkasten für Singvögel. Damit die Vögel die dreistöckigen Etagenwohnungen auch nutzen, wurden die Modifikationen am Ampelgehäuse mit einem Biologen abgestimmt und siehe da, es klappt. Meisen und andere im Vorster Wald heimische Vogelarten haben die Behausungen angenommen und für ihre Brut ausgewählt.
Die nächste Kunststation führte zu den sogenannten „Türhütern“. Sie stehen am ehemaligen Sportplatz, dort wo sich sommergrüne Laubbäume ihren Lebensraum zurückerobert haben. Bei den Türhütern handelt es sich um vier identische Holzfiguren, die unterschiedlich hoch sind. Sie wurden bereits 1989 von Wilhelm Schiefer geschaffen und waren an unterschiedlichen Orten im öffentlichen Raum aufgestellt. Im Moskuer Olympiastadion, im Park des Düsseldorfer Malkastens, im Selikumer Park in Neuss sowie als Einzelfiguren auch noch an weiteren Stellen. Nachdem sie mehr als 30 Jahre lang den unterschiedlichsten Witterungseinflüssen ausgesetzt waren, ließ man in Absprache mit dem Bildhauer Wilhelm Schiefer ein „Remake“ herstellen. Inspiriert von Kafkas Parabel „Vor der Tür“, in der ein Mann Zutritt zum Gesetz erbittet, aber immer wieder vom Wächter der nächsten Tür davon abgehalten wird, stehen sie seit 2021 in der wiederhergestellten aufgeforsteten Natur und führen immer wieder zu kontroversen Diskussionen.
In Nähe der Türhüter findet sich das ehemalige Trafohaus, dessen Umgestaltung sich der Kunstverein Nordkanal als nächstes Projekt vorgenommen hat. Aus dem Trafohaus soll ein Ausstellungsraum entstehen, ein sogenanntes Mini-Museum. Es wird nicht begehbar sein, aber man wird von außen in das Innere auf immer neue Kunstwerke blicken können. Spannend, denn durch die Möglichkeit der temporären Ausstellung wird mehreren Künstlern und Künstlerinnen die Möglichkeit zur Präsentation geboten.
Zum Abschluss – mittlerweile war es komplett dunkel geworden – ging es weiter zur ehemaligen Waldarbeiterhütte. Markus Albiez nannte sie das Sorgenkind, denn die Waldhütte ist seit den Jahren ihrer Einweihung 2015 immer wieder Opfer von Vandalismus geworden. In Absprache mit der Künstlerin Monika Nelles wurde gerade aus der rosa Waldhütte eine gelbe Waldhütte, man hat die Schmierereien vollständig übermalt, nur ein kleiner Streifen lässt die Vorgängerfarbe erkennen. Auch wurde eine neue Glastür eingesetzt. Nach nur fünf Tagen war die Hütte wieder beschmiert und das Glas wieder zerstört. „Wir sind immer wieder sprachlos gegenüber dieser sinnlosen Zerstörungswut“, beschreibt Markus Albiez seinen Frust und den seiner Vereinskollegen. Die Künstlerin hat im Inneren eine Art „Kunstschrein“ geschaffen. Wandspiegel und ein großer Kronleuchter aus unzähligen transparenten farbigen Eislöffeln schaffen durch Ausleuchtung mit LED-Spots eine märchenhafte Atmosphäre. „Wir werden uns immer wieder auch weiterhin um diese Hütte kümmern“, sagt Markus Albiez, hofft aber, dass sie in Zukunft mit mehr Respekt behandelt wird und Passanten wirklich mal ihre „geheimen Gedanken“ hinterlassen, wie von der Künstlerin erwünscht.
Die Kunsttour durch den Vorster Wald findet zweimal im Jahr statt, im Frühjahr und im Herbst. Eine tolle Veranstaltung in Kooperation mit der Volkshochschule Kaarst-Korschenbroich für alle Bürger und Bürgerinnen, die immer schon mal wissen wollten, was sich hinter all den Kunstwerken verbirgt. (bh)


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