Zwischen Werbekunst und Mohnblüte – Das stille Werk des Walter Urbach
von Birgit Hannemann

Walter Urbach, 1925 in Neuss geboren, war ein Künstler von stiller Kraft. Ein Leben lang bewegte er sich zwischen den Polen angewandter und freier Kunst – und fand in der Blüte einer vergänglichen Pflanze sein künstlerisches Zentrum: den Mohn. Am 21. April 2025 jährt sich sein Geburtstag zum hundertsten Mal. Zu diesem Jubiläum will die Stadt Kaarst ihn im Herbst mit einer Ausstellung ehren. Eröffnet wird die Ausstellung am Sonntag, 5. Oktober in der Rathausgalerie in Büttgen, an dem Ort, wo Walter Urbach in früheren Jahren auch mehrfach ausgestellt hat. Die Laudatio wird sein Sohn Tilmann Urbach halten, Autor und Regisseur aus München. Tilmann Urbach drehte 2015 auch einen Dokumentarfilm über seinen Vater mit dem Titel „Der Mohnmaler“, der seinerzeit auch im Kino Kaarst gezeigt wurde.
Aus Walter Urbachs Leben ist bekannt, dass er in einem katholisch geprägten Elternhaus in Neuss aufwuchs. Er entwickelte schon früh eine innere Widerständigkeit gegen die Ideologien des Nationalsozialismus. Die dunklen Jahre des Dritten Reichs erlebt er als bedrückende Zeit – sein Vater gerät wegen regimekritischer Bemerkungen mehrfach ins Visier der Behörden. Der junge Walter, selbst wegen einer angeborenen Herzschwäche vom Militärdienst freigestellt, beginnt 1939 eine Lehre als Lithograf. Früh zeigt sich sein Interesse für Kunst, das von seinem Onkel Josef Urbach, einem rheinischen Expressionisten, wachgehalten und gefördert wird. Noch vor Kriegsbeginn wird Walter Urbach an der renommierten Kunstakademie Düsseldorf aufgenommen – in einer Zeit, in der der Lehrbetrieb durch die Wirren des Kriegs jedoch bald wieder zum Erliegen kommt. 1945, nach Kriegsende, kann er sein Studium wieder aufnehmen und begegnet dort Namen, die später das deutsche Kunstgeschehen prägen werden, unter ihnen Joseph Beuys und Herbert Zangs. Seine Lehrer, darunter Ewald Mataré, Wilhelm Schmurr, Pankok und Otto Coester, vermitteln ihm ein tiefes Verständnis für die zeichnerischen und auch druckgrafischen Techniken. Urbachs Weg führt aber bald an die Kölner Werkschulen, wo er bei Professor Hußmann studiert und sich stärker der Gebrauchsgrafik zuwendet – wie einst sein Onkel. 1951 legt er die Meisterprüfung als Lithograf ab. In den kommenden Jahrzehnten ist er als selbstständiger Werbegrafiker tätig – ein Beruf, der ihm einerseits seinen Lebensunterhalt sichert, andererseits die freie Kunst lange in den Hintergrund treten lässt.
Doch Urbach kehrt zurück. 1969 entstehen erste Arbeiten, die zu seinem künstlerischen Markenzeichen werden sollen: die Mohnbilder. Was mit einer Faszination für das Leuchten des Rot beginnt, wird für ihn bald zu einem tiefgreifenden Sinnbild: Der Mohn, diese fragile Pflanze zwischen Schönheit und Vergänglichkeit, wird für Urbach zum Symbol des Lebens selbst – ein Motiv, das ihn über Jahrzehnte nicht mehr loslassen sollte. Nach einer ersten Ausstellung im Kreismuseum Zons 1975 und der Gründung der Künstlergruppe Salix in Kaarst 1979, der er nur kurz angehört, beginnt eine späte, aber intensive Ausstellungstätigkeit. 1999 widmet die Düsseldorfer Galerie Blau dem Künstler Urbach eine erste große Retrospektive seines Alterswerks. Kein Geringerer als Manfred Schneckenburger, ehemaliger Leiter der documenta, eröffnet die Ausstellung. Von hier aus gehen seine großformatigen Mohnbilder auf internationale Reise – nach Neapel, New York, später nach Bonn, Krefeld und zurück in die rheinische Heimat. Seine Werke finden auch Eingang in bedeutende Sammlungen: das Kunstmuseum Bonn, das Clemens-Sels-Museum Neuss, die Staatliche Graphische Sammlung München und zahlreiche städtische Sammlungen. Doch trotz wachsender Anerkennung bleibt Walter Urbach ein Künstler ohne große Gesten – ein leiser Beobachter, dessen Werk still leuchtet wie die Mohnblume, der er sich verschrieben hat. Bis zu seinem Lebensende war er regelmäßig auf den Jahresausstellungen in Kaarst und Neuss vertreten – Orte, an denen er lebte, arbeitete und seine künstlerische Heimat fand. Sein Nachlass wird heute am Niederrhein verwahrt, seine Korrespondenz und Dokumente befinden sich im Rheinischen Archiv für Künstlernachlässe in Bonn.
Walter Urbach hinterlässt ein Werk, das nicht laut ist, aber lange nachhallt – wie ein letzter, leuchtender Sommermoment im Feld. (bh).-