"Wir müssen einen Kahlschlag vermeiden"

von

Göran Wessendorf ist Vorsitzender des neu gegründeten Vereins „Kulturforum Kaarst“. Im Gespräch blickt er auf kommende Aktionen.

Herr Wessendorf, welche Vorteile hat das Kulturforum Kaarst durch den Vereinsstatus?

GÖRAN WESSENDORF | Wir sind seit März als gemeinnützig anerkannt und können dadurch zum einen den Mitgliedern und Sponsoren Spendenquittungen ausstellen. Zum anderen können wir Anträge an Förderer oder Institutionen stellen, um Gelder für unsere Projekte zu akquirieren.

Die Plattform Kulturforum ist schon älter...

WESSENDORF | Das stimmt. Sie wurde vor drei Jahren in der Corona-Zeit programmiert, um den Kunstschaffenden eine Möglichkeit zu geben, sich zu präsentieren. Die bunte Kulturszene von Kaarst sollte hier für alle Kulturinteressierten sichtbar werden. Damals gab es auch die Möglichkeit, Konzerte vom Tuppenhof zu streamen. Diese Möglichkeit wollen wir zukünftig wiederbeleben.

Welche Aktionen sind geplant?

WESSENDORF | Wir bereiten aktuell die Ausstellung Kunst an Kaarster Schulen mit den beiden Gymnasien vor, die vom 3. bis zum 11. Oktober in der Rathausgalerie Kaarst laufen wird. Eine Woche lang zeigen die Schüler und Schülerinnen der Kunstkurse ihre Werke. Wir haben die Stadt Kaarst mit ins Boot geholt, sodass wir den Schülern die Möglichkeit geben, sich in den städtischen Räumlichkeiten darzustellen. Die Idee kam von Ille Mularski, der ältesten Kaarster Künstlerin. Ein buntes Rahmenprogramm aus Musik und Performance soll bewusst auch von den Schülerinnen und Schülern gestaltet werden. Bürgermeisterin Ursula Baum hat die Schirmherrschaft über das Projekt übernommen. Ausstellungen mit den anderen Schulformen sind für 2025 geplant.

Welche Projekte stehen noch an?

WESSENDORF | Wir wollen unsere Plattform vernetzen, sodass wir die Kalender anderer Kulturinstitutionen und -anbieter wie der Stadt Kaarst, des Fördervereins F3k oder des Tuppenhofs mit unserem Veranstaltungskalender verknüpfen können. Was jetzt in mühsamer Einzelarbeit geschieht, läuft dann automatisiert. Es ist sehr zeitintensiv, den Kalender und unsere gesamte Plattform auf dem Laufenden zu halten. Das machen derzeit Birgit Hannemann und Frank Ahlert. Wir werden uns auch zukünftig bei Aktionen und Projekten im Kulturbetrieb einklinken und mitarbeiten und versuchen, die Protagonisten mit den Besuchern ins Gespräch zu bringen. Die Synergien wollen wir weiter ausbauen. Auf unserer Klausurtagung im Februar haben wir Projektgruppen gebildet: Neue Veranstaltungsformen, Soziale Medien, Kunst in den Arkaden und Pop-Up-Galerien in Leerständen.

Wofür steht der Verein Kulturforum Kaarst?

WESSENDORF | Wir sehen uns als Interessenvertretung für die Kulturschaffenden und für diejenigen, die Kultur anbieten: Galerien, Tuppenhof, F3k, Junge Sinfonie etc. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Gelder knapp sind, wollen wir die Kultur fördern mit der Bereitstellung von Ideen, Räumlichkeiten oder Personal.

Warum ist der Verein mehr als nur eine Plattform, auf der sich Kulturschaffende vorstellen können?

WESSENDORF | Die Plattform ist unser Flaggschiff, ganz klar. Kunstschaffende können sich auf Mini-Webseiten vorstellen. Unser Kulturkalender ist unverzichtbar für alle, die sich über Veranstaltungen und Termine informieren wollen. Es gibt Bestrebungen des Rhein-Kreises Neuss, eine ähnliche Plattform auf die Beine zu stellen. Wir werden zukünftig Ausstellungen, Künstlergespräche, Atelierbesuche, Konzerte und Kulturexpeditionen anbieten. Darüber hinaus geben wir Kulturschaffenden die Möglichkeit, sich an der Arbeit des Vereins zu beteiligen und mitzuwirken.

Bei der Gründungsversammlung war die Beteiligung immens. Ist das große Interesse geblieben?

WESSENDORF | Am Gründungsabend haben mehr als 70 Kulturschaffende teilgenommen, von denen haben sich 40 als Mitglieder angemeldet. Mittlerweile nähern wir uns der 60er Marke. Dabei sind nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Vereine wie der Kunstverein Nordkanal, der Tuppenhof, der Förderverein F3k, der katholische Büchereiverbund oder die Junge Sinfonie Kaarst. Das Interesse an unserem Tun ist groß – und die Erwartungen sind es auch.

Würden Sie sich wünschen, dass noch mehr Kunstschaffende hinzukommen?

WESSENDORF | Das muss wachsen. Wir würden uns wünschen, dass noch mehr Kulturschaffende hinzukommen und möglichst viele Bürger die Chance nutzen, Kultur zu fördern und den Verein so stark zu machen, dass er gegenüber der Stadt sichtbar ist und an Gewicht gewinnt.

Sie haben auch an der Demo gegen Rechtsextremismus mitgewirkt. Warum?

WESSENDORF | Es ist Zeit, aufzustehen und die Demokratie zu verteidigen. Das Kulturforum gehört dem Bündnis ‚Kaarst ist bunt’ an und hat mit über 35 Vereinen und Organisationen in kürzester Zeit die mit über 3000 Teilnehmern bislang größte Demonstration in der Stadt auf die Beine gestellt. Wir haben beschlossen, am 26. Mai in Verbindung mit dem 75. Geburtstag des Grundgesetzes ein Fest der Demokratie zu organisieren. Das Kulturforum Kaarst ist überzeugt: Kultur muss bunt bleiben.

Sehen Sie sich als Konkurrenz zum städtischen Kulturprogramm?

WESSENDORF | Nein, wir sind keine Konkurrenz, wir sehen uns als Ergänzung und Unterstützung. Es ist wichtig, dass wir eine möglichst breite Basis haben, um den Kulturschaffenden und -anbietern eine Stimme zu geben und deren Interessen – auch der Stadt gegenüber – zu unterstützen. Wir müssen mit der Verwaltung und der Politik ins Gespräch kommen, um Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und einen Kahlschlag zu vermeiden. Der Kulturbereich wird auch von den Kürzungen des städtischen Haushalts betroffen sein. Da muss aber mit Verstand und Augenmaß rangegangen werden.

Inwiefern?

WESSENDORF | Das katholische Büchereisystem, das Kino Kaarst, das 3k-Angebot, Musikangebote, Ausstellungsmöglichkeiten oder der Tuppenhof sind existenziell für Kaarst, denen kann man keine Mittel streichen. Wir stehen dafür ein, die städtische Förderung zu erhalten. Wir müssen schauen, dass die Kultur nicht zu kurz kommt, auch wenn in allen Bereichen eingespart werden muss.

Wie finanziert sich der Verein?

WESSENDORF | Zum einen finanzieren wir uns über die Mitgliederbeiträge. Jedes Mitglied zahlt 60 Euro im Jahr, egal ob Verein oder Einzelperson. Mitglieder bis 25 Jahre zahlen zwölf Euro Jahresbeitrag. Wir sind erpicht darauf, junge Menschen an die Kultur heranzuführen, und unterstützen auch daher ihre Mitgliedschaft. Projekt und aktionsbezogen werden wir Förderanträge an Stiftungen, Institutionen, Ministerien, etc. stellen und freuen uns natürlich auch über Zuwendungen von Sponsoren.

(Das Interview führte Stephan Seeger)

INFO

Interessensvertretung für Kulturschaffende
Plattform Unter www.kulturforum-kaarst.de ist eine Plattform entstanden, die über die bunte Kulturszene der Stadt Kaarst informiert. Das Kulturforum Kaarst soll als Informationsquelle für Kulturinteressierte dienen.
Sichtbarkeit Ein Ziel des Kulturforums Kaarst ist es, die Kultur in der Stadt sichtbarer zu machen. Der Verein sieht sich als Interessenvertretung für Kulturschaffende.


Foto im NGZ-Artikel: Salzburg
Foto im NGZ-Artikel: Salzburg

Zurück