Wir in Kaarst – gemeinsam stark für Europa!
von Birgit Hannemann

Seit 2022 arbeiten die Europaschule GBG – das Georg-Büchner-Gymnasium – und die Bürgerstiftung Kaarst für den alljährlichen Europatag zusammen. Und so war es auch in diesem Jahr, denn Europa ist und bleibt ein Friedens- und ein Zukunftsprojekt. Nach den Begrüßungsworten von Schulleiter Volker Werker, Jörg Weißweiler (Koordinator für Europa und Internationales am GBG und Organisator der Veranstaltung) sowie den Moderatoren Leni Mielke (GBG) und Tim Düllberg (AEG), präsentierte Bürgermeisterin Uschi Baum zwei Reisepässe. Den alten Grünen von der Bundesrepublik Deutschland und den neuen Roten von der Europäischen Gemeinschaft und zeigte anhand dieser beiden Dokumente sehr anschaulich die Vorzüge eines vereinten Europas: Keine europäischen Grenzstempel mehr, Bürger der EU dürfen sich innerhalb der EU frei bewegen. Nach ihrem Auftritt ging es mit dem ehemaligen Bürgermeister Franz-Josef Moormann direkt in medias res. Als Vorsitzender des Stiftungsrats der Bürgerstiftung Kaarst begann er seine Rede mit drei Worten: Nie – wieder – Krieg und erinnerte damit auch an das berühmte Antikriegs-Plakatmotiv der Künstlerin Käthe Kollwitz. Er sei kein Utopist, sagte Moormann, aber er sei der festen Überzeugung, dass der Mensch die Kraft habe, sich zu entscheiden und im positiven Sinne etwas zu bewegen. Er erinnerte daran, dass der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker 1985 klare Worte zur deutschen Vergangenheit aussprach und als Erster den 8. Mai 1945 nicht als Tag der Kapitulation sondern als „Tag der Befreiung“ von einem Terrorregime bezeichnete. Mit inspirierenden Worten lud Moormann die Schüler und Schülerinnen ein, selber zu denken. Er wolle nicht so was hören wie „I am great“ sondern den Einsatz für Frieden spüren, geografisch und kulturpolitisch gesehen. „Demokratie sei manchmal tierisch anstrengend“, aber Demokratie habe sich auch gerade jetzt wieder bewährt. Er appellierte an die Schüler, in der Welt herumzureisen, fremde Sprachen und Kulturen kennenzulernen.
Nach der musikalischen Darbietung von Eva-Maria Friedrich und Florian Lutgen mit einem Auszug aus dem „Schwedischen Konzert“ von Wilhelm Popp leiteten Leni Mielke und Tim Düllberg zur Debatte über, bei der es um das Thema ging „Soll ein einjähriges Dienstjahr für junge Menschen über 18 EU-weit eingeführt werden?“. Mit Sara Dufner, Milla Graf und Oceane Schlegel standen sich auf der Pro-Seite drei Schülerinnen vom GBG und auf der Contra-Seite drei Schüler gegenüber, nämlich Jakob Kutsche und Moritz Schneider vom AEG und Paul A. vom GBG, die ihre bereits gut vorbereiteten und durchdiskutierten Argumente engagiert vortrugen. Während die Mädels ein Dienstjahr als durchaus sinnvoll erachteten, denn es fördere bei jungen Menschen die Empathie, sei gelebte Solidarität und Ausdruck eines solidarischen und sozialen Miteinanders, meinten die Jungs, dass ein Dienstpflichtjahr massiv einschränke, ungerecht und unmoralisch sei und nicht den demokratischen Grundsätzen entspräche. Sie plädierten für Freiwilligkeit. Es gäbe so viele Austauschprogramme, an denen jeder nach Wunsch freiwillig teilnehmen könne. Sie waren auch der Meinung, dass sie „der Gesellschaft schon genug zurückgäben, worauf die Mädels betonten, dass es manchmal wichtig sei, mehr für das Gemeinwohl zu tun und meinten, dadurch auch viel Neues lernen zu können. Frieden sei kein Selbstläufer sondern fordere einen ständigen Dialog. Sie wollten auch keinen Krieg, für sie bedeute es auch Schutz und Sicherheit. Die Jungs konterten und meinten, eine Dienstpflicht würde „den Krieg normalisieren“, man habe als Schutz schon die NATO, man solle lieber die Technologie stärken und nicht Menschen an der Front verheizen, wie in der Ukraine, Aufrüstung sei nicht die Lösung. Auch die Umsetzung könnte nur mangelhaft sein, weil uns in Deutschland jede Infrastruktur dafür fehle. Die Pro-Seite meinte, dass allein die Hoffnung auf Frieden nicht genüge. Es wurde bereits von Trump und Putin über Europa verhandelt, ohne dass irgendein Europäer beteiligt war, Politiker könnten Bürger in einen Krieg zwingen. Die Contra-Seite vertrat die Meinung, dass ein verpflichtendes Dienstjahr zu noch stärkerer sozialer Ungerechtigkeit führe, was passiere z.B. mit Leuten, die verweigern? Auch die Ergebnisse aus zwei unterschiedlichen Umfrage-Statistiken führten nicht zur Annäherung sondern zu ganz unterschiedlichen Werten. Abschließend fassten die Mädels zusammen, dass gerade Krisen wie z.B. Corona gezeigt hätten, wie wichtig es sei, sich gegenseitig zu helfen und betonten noch einmal, dass sie in einem verpflichtenden Dienstjahr keinen Rückschritt sehen sondern vielmehr eine „Brücke zwischen Menschen“. Die Jungs fanden so ein Dienstjahr auch nach der Debatte weiterhin als höchst unmoralisch und blieben bei „Kein Dienstjahr“. So etwas würde an der Realität scheitern weil jede Infrastruktur dafür fehle.
Sehr kontroverse Ansichten also geschlechtsspezifisch betrachtet. Ohne jetzt näher auf diesen Faktor einzugehen: Die Debatte enthielt auf beiden Seiten viele gute Argumente und war höchst spannend, aber beim nächsten Mal bitte auf gemischte Gruppen achten. Sodann konnte das Publikum per QR-Code seine Meinung abgeben und aus dem Debattier-Wettbewerb ging das Contra-Lager mit 131 Stimmen eindeutig als Gewinner hervor vor dem Pro-Lager mit nur 65 Stimmen. Die Preisverleihung erfolgte durch den organisierenden Lehrer Jörg Weißweiler sowie Franz-Josef Moormann und Gerda Junkers-Muck.
Eine Gruppe aus Referendar Paul Bubenheim, Amelie Leo und Johanna Zoega setzte dann eine musikalische Zäsur zwischen Debatte und Kunstbetrachtung, denn der nächste Programmpunkt bestand in der Präsentation des Kreativwettbewerbs. Aus 28 Beiträgen waren bereits von einer Jury unter Leitung des Künstlers Burkhard Siemsen und Jürgen Schiffer zehn kreative und innovative Exponate herausgefiltert worden und das Publikum konnte nun per QR-Code über die Reihenfolge abstimmen. Um es kurz zu machen: Als 1. Sieger ging Roman Dawudi hervor mit seinem Plakat „Wir sind stark und vereint“, den 2. Platz machten Janik Jonas und Alina Thurner und auf den 3. Platz kamen Lilly Danielsberg und Sung-Ya Tang. Auch zwei Sonderpreise wurden vergeben. Der erste ging für die „Blaue Platte“ an das Kreativteam Kai, Jan und Timon und der zweite Sonderpreis an Isabella Roghe, die ihren selbst getexteten und komponierten Song „Hier in Kaarst“ auch direkt vorstellte, eine Hommage an Kaarst.
Viele verschiedene Partner haben durch enge Kooperation der beiden Kaarster Gymnasien GBG und AEG, deren Schüler und Schülerinnen, Lehrer und Lehrerinnen, durch Beteiligung zahlreicher Helfer, durch das Technik-Team zu einer ganz wunderbaren Veranstaltung beigetragen und natürlich durch die Bürgerstiftung Kaarst, die u.a. auch die Preise für die Gewinner gestiftet hatten (bh).-